Kampf gegen die drohende Naturkatastrophe der Algen

Laut den Ferienprospekten rühmt sich die mexikanische Karibikküste mit kristallklarem, türkisblauen Meer und feinem Sandstrand. Die Realität ist derzeit jedoch eine ganz andere. Statt nach frischer Meeresluft stinkt es nach verdorbenem Eiern. Cancún und die karibischen Strände auf der Yucatán Halbinsel leiden unter einer Algenpest der Gattung Sargassum/Golftange.

Jedes Jahr, vor allem in den Sommermonaten, werden Braunalgen der Gattung Sargassum, auch Golftange genannt, (siehe auch Artikel in der FAZ) an die Karibikstrände angeschwemmt. Dieses Jahr ist die Menge außergewöhnlich hoch. Auf dem Wasser schwimmt ein brauner Algenteppich und auf den Stränden sammelt sich das hartnäckige Phänomen.

Algen am Strand von Yucatán
Braunalgen verunreinigen einem karibischen Strand in Mexiko.

Alarmstufe rot für Tourismus und Umwelt

Die Auswirkungen für die lokale Wirtschaft und die Bevölkerung sind verheerend. Die ganze Region lebt vom Tourismus, ein beträchtlicher Anteil des mexikanischen Bruttoinlandproduktes steht auf dem Spiel. Bei den momentan kursierenden abschreckenden Bildern gehen die Buchungszahlen der Hotels drastisch zurück.

Anfänglich versuchte die Regierung unter Präsident López Obrador das Problem noch herunter zu spielen. Nun erklärte er die Situation zur nationalen Angelegenheit. Die Marine ist damit beauftragt, den lokalen Behörden und Hoteliers bei der Säuberung der Karibikstrände zu helfen. Sie installieren schwimmende Barrieren entlang der Küste , um das Anschwemmen der Algen zu stoppen. Boote sammeln den Sargassum ein. Mit Mistgabeln und Schaufeln säubern eigens dafür angestellte Personen die Strände. Tausende Tonnen von Meeresalgen wurden bereits abgetragen. Jedoch ist das zeitaufwendige Vorgehen ein ineffizienter Kampf gegen die übermächtige Natur. Kaum ist der Algenteppich weggetragen, sammelt sich wenige Stunden später wieder ein neuer an. Die Kosten gehen in die Millionen von Dollars.

Auswirkungen auf die marine Tierwelt

Die Braunalgen bieten einerseits einen Lebensraum für zahlreiche Meeresorganismen. Andererseits können nach der Bildung eines dichten Gewebes die Tiere hängenbleiben. Mediale Aufmerksamkeit erregten jüngst Meeresschildkröten, die in die tödliche Falle der Algen tappten. Der Mangel an Sauerstoff und Licht lässt ebenfalls viele Tiere sterben.

Maßnahmen gegen die Algen

Wissenschaftler der Universität UNAM (Universidad Nacional Autonoma de México) befürchten, dass sich die Problematik noch verschärfen wird. Ausschüsse wurden ins Leben gerufen, um die Algenpest kurz-, mittel- und langfristig anzugehen.

  • Ein erster Schwerpunkt wird auf der Stärkung der Seegras-Sammlung sowohl am Strand als auch auf dem Meer liegen. Die Spezialisten analysieren die Karbonisierung der Biomasse.
  • Das zweite wissenschaftliche Komitee wird mittelfristig ein Überwachungs- und Frühwarnsystem für die Ankunft dieser Algen unter Verwendung der Satellitentechnologie ausarbeiten. Dies würde dringend benötigte Daten erzeugen, wo sich die Algen befinden und wohin sie sich bewegen. Dazu weitere hilfreiche Informationen zu Strömungen, Winde und andere meteorologische Faktoren.
  • Eine dritte Arbeitsgruppe befasste sich mit der mittel- und langfristigen Möglichkeiten für eine wirtschaftliche Nutzung von Algen befassen, um allenfalls einen industriellen Mehrwert zu generieren.

Siehe auch Bulletin der Universität

Schaden und Auswirkungen in ganzer Karibik

Nicht nur Mexikos Karibikküste ist von Sargassum betroffen. Auch die Strände am Golf von Mexiko, Zentralamerika, Kolumbien, Venezuela und die karibischen Inseln kämpfen mit demselben Problem. Barbados rief bereits im vergangenen Jahr deswegen den Notstand aus.

Vertreter aus der Politik, Wissenschaft und Wirtschaft der Vereinigung der Karibikstaaten (ACS, Association of Caribbean States) sind in regem Austausch, um ein gemeinsames Vorgehen zu diskutierten. Im Oktober 2019 fand auf der Karibikinsel Guadeloupe sogar die Sarg’Expo statt, eine internationale Trade Show zu Sargassum Management Technologien. Auf der von der Unesco unterstützten Website sarrgasumhub.org erhältst du mehr wertvolle Informationen.

Algen-Sperre in der Karibik bei Playa del Carmen
Schwimmende Barriere und Algen-Sperre am Strand von Playa del Carmen.

Ursachen der Algenpest

Die Ursache ist komplex und hat sowohl mit der Erderwärmung als auch mit dem illegalem Abholzen der Dschungelwälder im Amazonas zu tun. Dort werden nach wie vor in einem erschreckenden Rhythmus Urwälder gerodet, um unter anderem Sojaplantagen zu betreiben. Um höhere Erträge zu erwirtschaften, werden die Felder überdüngt. In der Regenzeit werden die gedüngten Böden in die Flüsse geschwemmt, von dort geht es in den Atlantik und die Meeresströmungen treiben die Saat in Richtung Norden in die Karibik. Im warmen Karibikwasser entstehen die Algen, welche sich explosionsartig vermehren.

Kann ich in die Karibik reisen?

Es ist extrem schwierig zu beurteilen, wie stark dieses Wetterphänomen die Badequalität an den Stränden in Cancún und entlang der Karibikküste in nächster Zeit beeinträchtigen wird. Die Lage kann sich innerhalb weniger Tage verändern, zum Besseren oder zum Schlechteren.

Es gibt allerdings Strände, welche bedingt durch ihre Lage und der Meeresströmungen relativ gut geschützt sind. Es sind lange nicht alle Küstenabschnitte gleich stark befallen. Zudem wird wie erwähnt viel unternommen, um das Problem mit den Algen zu minimieren. Etliche Hotels in Cancún und der Yucatán Halbinsel haben ihre Tarife deutlich reduziert, was auch mal eine Chance sein kann, ein tolles Strandhotel zu einem attraktiven Preis zu bekommen. Durch den Besuch werden die Arbeitsstellen der lokalen Bevölkerung gesichert.

Es gibt auch alternative Aktivitäten. Abgesehen vom Karibik-Feeling am Strand, kannst du eine Unmenge von Ausflüge unternehmen, siehe auch unseren Beitrag über die Sehenswürdigkeiten in der Umgebung von Cancún

Nicht zu vergessen ist auch, dass Mexiko an der Pazifikküste eine große Anzahl an Badedestinationen anbietet wie z.B. Los Cabos, Puerto Vallarta, Ixtapa-Zihuatanejo, Acapulco, Huatulco, Puerto Escondido… An der Pazifikküste kennt man dieses Algenproblem nicht.