Ein rebellischer Priester schreibt Geschichte

Miguel Hidalgo y Costilla ist zweifellos eine der schillerndsten Persönlichkeiten der mexikanischen Geschichte. Nimmt man die Anzahl der Statuen und summiert die nach ihm benannten Plätze und Strassen, ist er auch einer der beliebtesten Nationalhelden in Mexiko. Der weisshaarige Herr mit Halbglatze ist der wahre intellektuelle Drahtzieher des mexikanischen Unabhängigkeitskampfes gegen die spanische Kolonialmacht.

Vom verstossenen Priester zum Rebellenführer

Eigentlich war Miguel Hidalgo Priester, wenn auch keineswegs ein typischer Landespfarrer. Er vertrat einen modernen, aufgeklärten Katholizismus. Sogar mindestens vier Kinder werden dem kirchlichen Freidenker nachgesagt. Er scherte sich wenig um die Weisungen seiner Vorgesetzten, was ihn naturgemäss nicht sonderlich beliebt machte. Um den rebellischen Priester loszuwerden, versetzten sie ihn in das unbedeutende Städtchen Dolores (heutzutage Dolores Hidalgo) im Bundesstaat Guanajuato. Unbekümmert entwickelte Pater Miguel Hidalgo seine religiöse und vermehrt politische Ideologie, bei einer stetig wachsenden Anhängerschaft. Nach und nach schürte sich die Unzufriedenheit der Mexikaner mit der dominanten spanischen Besatzungsmacht, der Ruf nach Unabhängigkeit wurde wach. Pater Miguel Hidalgo versammelte die Verschwörer und man machte sich an die Planung eines Aufstandes.

»Viva México« – Grito de Dolores

Plötzlich überstürzten sich die Ereignisse, der Plan wurde verraten und die Freiheitskämpfer wurden gezwungen sofort zu handeln. Am 16. September 1810 (dem heutigen Feiertag der mexikanischen Unabhängigkeit) versammelte Miguel Hidalgo mit stürmischem Glockengeläute seine Anhänger aus der Region von Dolores. Er wetterte gegen die spanische Krone und rief mit einem mehrfachen »Viva México!« zum Unabhängigkeitskampf auf. Der vertriebene Gemeindepriester wurde zum wild entschlossenen Rebellenführer.

Kampf für die mexikanische Unabhängigkeit

Seine mit Speeren, Stöcken und Macheten bewaffnete, 600 Mann umfassende Truppe machte sich auf den Weg in die Hauptstadt. Bald schon scharten sich bis 80’000 Menschen hinter dem charismatischen Priester. Der Feldzug der Freiheitskämpfer gegen die spanischen Royalisten war anfänglich äusserst erfolgreich. Schon Ende Oktober stand die Revolutionsarmee vor Mexiko-Stadt und Miguel Hidalgo konnte seine Forderungen nachdrücklich vorbringen: Unabhängigkeit Mexikos, Rückgabe der Ländereien, Abschaffung der Sklaverei, Begrenzung der Kirchenmacht. Jedoch wurde der rebellische Priester wenige Monate später festgenommen. Die Anklage lautete auf Hochverrat gegen Königreich und Gott und Miguel Hidalgo wurde 1811 hingerichtet.

Der Kampf für ein unabhängiges Mexiko wurde von verschiedenen Militärführern fortgesetzt, wobei erst im Jahre 1821 anerkannte die spanische Krone die Souveränität des mexikanischen Staates.

Heutzutage wird jeweils am 16. September die Unabhängigkeit Mexikos mit riesigen Fiestas landesweit überschwenglich gefeiert, es ist einer der wichtigsten Feiertage des Landes.